zwei spezifische Erscheinungen geprдgt war:
-Eine Allmacht des Staates, die sich aus seiner Parallelitдt als
politische Organisation und цkonomische Entscheidungszentrale ergabt
Der
Staat nahm seine verschiedenen Prдrogative zur Steuerung der Wirtschaft
je nach seinen Bedьrfnissen in Anspruch, verдnderte damit fortlaufend
die
цkonomischen und die sozialen Spielregeln und erzeugte eine permanente
Instabilitдt des Systems.
-Der Staat lenkte die Wirtschaft statt mit Mдrkten durch Gebote und
Verbote.
Das Ergebnis war eine, das gesamte wirtschaftliche und gesellschaftliche
Leben durchdringende, Institutionalisierung:
-Die цkonomischen Institutionen erfьllten in der historischen
Entwicklung
des realen Sozialismus eine doppelte Funktion. Wдhrend sie in der
Anfangsperiode nur fьr jene Aufgaben, fьr die sie auch geschaffen
worden
waren, eingesetzt wurden, begannen sie sich mit wachsendem цkonomischen
und administrativen Potential immer mehr autonome Funktionen
anzueignen.
Voraussetzurgen dafьr waren ein Defizit an demokratischer Kontrolle
seitens der Bevцlkerung und ein Mangel an Rьckkoppelung fьr die aus der
Tдtigkeit dieser Institutionen resultierenden цkonomischen Ergebnisse.
Folge war eine Autonomisierung der Interessen der Institutionen, ohne
Rьcksichtnahme auf die ihnen untergeordneten Subjekte.
-Die Verfolgung autonomer Ziele durch die цkonomischen Institutionen
erzeugte eine Eigendynamik, die nur mehr darauf hinauslief, sich selbst
zu erhalten. Die Institutionen paЯten sich verдnderten
Wirtschaftsbedingungen nicht mehran sondern дnderten nur die Form ihres
Wirkens. Ihre Anpassungsprozesse waren im wesentlichen auf die
Erhaltung, ja sogar Stдrkung ihrer Hoheitsfunktionen gegenьber den
Wirtschaftssubjekten ausgerichtet. Die Institutionen haben auch selbst
nie auf ihre administrativen Mittel zur Steuerung der
Wirtschaftsprozesse
verzichtet. Deshalb sind gerade jene Erfahrungen, die man mit ihnen in
den zahlreichen Reformversuchen des realsozialistischen Systems gemacht
hat, fьr den gegenwдrtigen TransformationsprozeЯ in Mittel- und
Osteuropa
von entscheidender Bedeutung.
Mit dieser Thematik bat sich Oskar Lange bereits in den 60er Jahren
theoretisch auseinandergesetzt: "Durch die Integration der Wirkungsziele
aller sozialistischen Untemehmen zu einem gemeinsamen, in einem Plan der
gesellschaftlichen Wirtschaft festgelegten Ziel, entsteht eine
hierarchische Struktur der Ziele. An der Spitze dieser Strukturbefindet
sich das oberste Ziel, d.h. jenes des gesellschaftlichen Wirtschaftsplans,
das wir auch als das Ziel erster Ordnung bezeichnen kцnnen. Die
Instrumente, die direkt der Verwirklichung dieses Zieles dienen, sind Ziele
zweiter Ordnung. Und die Instrumente, die der Verwirklichung der Ziele
zweiter Ordnung dienen, sind Ziele dritter Ordnung usw. Die Wirkungsziele
der Untemehmen haben verschiedene Stellenwerte in dieser Zielhierarchie.
... Diese hierarchische Zielstruktur ist ein Kennzeichen der
sozialistischen Produktionsweise, so wie sich die kapitalistische
Produktionsweise durch die Verfolgung von einander unabhдngiger Einzelziele
der einzelnen Untemehmen - nдmlich der Gewinnmaximierungsziele -
auszeichnet. Die hierarchische Zielstruktur ist ein Ausdruck der Planung in
der sozialistischen Wirtschaft, einer Integration der Einzelziele der
Unternehmen in ein oberstes Ziel, welches im Plan der sozialistischen
Wirtschaft festgelegt wird.
Diese Hierarchisierug war unmittelbar mit der Institutionalisierung und
Strukturierung der realsozialistischen Wirtschaft verbunden und hatte eine
Unterordnung der niedrigeren unter hцher gestellten Stufen und sich daraus
ergebenden gegenseitigen Abhдngigkeiten zwischen den цkonomischen
Mechanismen und den Institutionen zur Folge. Aus historischer Sicht stellt
sich heute die Frage: Was hat (hatte) auf die Entwicklung der
realsozialistischen Wirtschaft einen grцЯeren EinfluЯ: die Institutionen
oder die wirtschaftlichen Mechanismen? Ihre Beantwortung hдngt vom
gewдhlten Zeithorizont ab:
-Kurzfristig beeinflussen in der Regel die Institutionen die Wirtschaft-
sentwicklang. Unabhдngig von ihrer Lebensdauer oder Effektivitдt sind
durch den Einsatz administrativer Instrumente rascher wirtschaftspo-
litische Ergebnisse zu erzielen. Anordnungen wirken ьblicherweise
schneller als цkonomische Anreize.
-Langfristig ist die Wirkung wirtschaftlicher Mechanismen auf die
Wirtschaftsentwicklung grцЯer, jedoch nur dann, wenn die Spielregeln
auf
Dauer angelegt sind und nicht bei kurzfristigen Konjunkturschwankungen
sofort wieder geandert werden. Derartige Bedingungen waren aber in der
gesamten Geschichte des realen Sozialismus nie gegeben. Der Staat griff
immer wieder mit traditionellen Instrumenten der Wirtschaftslenkung in
das System ein.
Bei allen ReformmaЯnahmen im Realsozialismus standen Verдnderungen der
Institutionen im Vordergrund. Es gab immer wieder Versuche, aus ihnen
administrative Dienstleistungsinstitutionen zu machen, die wie selbstдndige
Unternehmen agieren sollten. Ihre Hoheitsfьnktionen wurden aber nie
angetastet oder hцchstens aufbestimmte Bereiche beschrдnkt. Sie behielten
stets die Kompetenzen, die Planziele vorzuschreiben und die Wirtschaft mit
Produktionsfaktoren zu versorgen; Vorgaben, die eine Wirtschaft, die nach
dem Branchenprinzip und dem Prinzip der hierarchischen Abhдngigkeit
organisiert war, auch akzeptieren muЯte. Wir wollen auf die institutionelle
Ausgestaltung noch weiter eingehen, da sie nicht nur fьr den staatlichen,
sondern auch fьr den genossenschaftlichen Sektor relevant war.
Die realsozialistische Wirtschaft war in unmittelbar aus der
administrativen Planung des Wirtschaftsablaufs sich ergebenden Wirtschafts-
bereichen strukturiert. Durch die imperative Wirtschaftssteuerung war es
relativ einfach, zwischen diesen Branchen "natьrliche" Relationen zu
schaffen. Diesem Branchensystem hafteten zwei Mдngel an. Einerseits waren
die Kosten fьr die Wirtschaftstдtigkeit in diesem System, im Vergleich zu
den Marktwirtschaften, um vieles hцher, und andererseits fьhrte diese
kьnstliche Zerstьckelung der Volkswirtschaft zu einer immer stдrkeren
Desintegration der einzelnen Bereiche.Durch die Verhinderung jeglicher
Anpassung der Wirtschaftsbranchen untereinander wurden die Disproportionen
innerhalb der Volkswirtschaft immer grцЯer und jeder Versuch, sie innerhalb
der Planwirtschaft zu mildem, fьhrte zu noch hцberen Kosten.
Durch die hierarchische Abhдngigkeit der Unternehmen im Branchensystem
waren sie der jeweils hцheren Stufen derartuntergeordnet, daЯ diese, mit
zah-lreichen Hoheitsfьnktionen ausgestattet, ьber die untere Ebene voll und
ganz entscheiden konnten. Das unbedingte Festhalten an diesem Prinzip
erklдrt auch, warum die Unternehmen, trotz vieler Reformversuche, nie eine
grцЯere Selbstдndigkeit erlangten und eine ihnen kurzfristig zugestandene
Selbstдndigkei stets wieder entzogen werden muЯte.Diese
Institutionalisierung und Organisierung wurde, infolge ihrer inneren
Systemlogik, allen Wirtschaftssubjekten, darunter auch dem Genossenschaft-
swesen, aufsezwzungen.
3. Die Strukturmьrkmale der Wirtschaft des realen Sozialismus
Wir wollen hier nur auf jene Strukturmerkmale der realsozialistischen
Wirtschaft eingehen, die sich beim Ьbergang zur Marktwirtschaft als die
grцЯten Hьrden erweisen. Dies sind:
-Dominanz des staatlichen Eigentums;
-Vorherrschaft groЯer Unternehmen, die in der Regel Monopolstellungen
innehaben;
-Geschlossenheit:
-fehlende Marktinfrastruktur;
-ein spezifischer Verteilungsmechanismus.
3.1. Dominanz der staatlichen Wirtschaft
Der Anteil des Staates am Bruttosozialprodukt betrug in den realsozialis-
tischen Lдndern im Jahre 1988 zwischen 70 und 90% (vgl. Tabelle l) und war
durch eine Erstarrung gekennzeichnet, d.h., es war kaum mцglich, in ihm
stru-kturelle oder technologische Verдnderungen durchzufьhren oder sein
Verwal-tungssvstem zu reformieren. Die Forcierung des Zieles einer hohen
Wachstu-msrate hatte zwar langfristig eine extensive Expansion der
Wirtschaft mitsi-chgebrachl, d.h. eine Erweiterung des Produktionsapparates
durch die Grьndung neuer Unternehmen. Gleichzeitig war aber auch damit eine
Minimierung der Modernisierung der bestehenden Anlagen und des bestehenden
Maschinenparks ver-bunden gewesen. Man hatte zwar einen enormen
Investitionsschub und eine relativ hohe Akkumulationsrate erzielt, aber bei
gleichzeitiger Aufrechterha-ltung veralteter Technologien in den
beslehenden Unternehmen. Damit waren groЯe technologische Unterschiede
zwischen den Unternehmen und zwischen den Branchen vorprogrammiert, und es
fehlten an Mechanismen, ineffiziente Unternehmen zu eliminieren.
Das Ergebnis war eine permanente Warenknappheit - von Kornai als "Mangel-
wirtschaft" bezeichnet - und die Etablierung einer relativ starken Gruppe
von
"sozialistischen Managern", die sich jeder tiefergreifenden
Wirtschaftsreform des Wirtschaftssystems entgegenstellte. Dazu kam noch,
daЯ sich die staatliche Wirtschaftsverwaltung und der Parteiapparat mit dem
Management der Unternehmen derart verbьndete, daЯ weder die eine, noch die
andere Seite stark genug waren, das bestehende Verflechtungsnetz zu