Die Judenverfolgunfg im Dritten Reich (1941-1942)

gehьllt oder unter Federbetten zusammengekauert, soweit diese warmen

Sachen nicht schon von den Deutschen fьr ihre Soldaten beschlagnahmt

worden sind. Die bittere Kдlte macht die deutschen Posten, die an den

Ghettotoren Wache stehen, noch grausamer als sonst. Wenn sie durch den

tiefen Schnee auf und ab stapfen, schiessen sie von Zeit zu Zeit. Nur so,

um sich aufzuwдrmen. Viele Passanten werden ihre Opfer. Andere Wachen, die

sich wдhrend ihres dienstes langweilen, organisieren sich eine besondere

unterhaltung. Sie wдlen sich zum Beispiel ein Opfer unter den zufдllig

Vorьbergehenden und befehlen ihm sich mit dem Gesicht in den Schnee zu

werfen. Wenn er einen Barr trдgt, reissen sie ihn aus, bis der Schnee sich

vom Blut rot fдrbt. Falls so ein Nazi schlechter Laune ist, kann auch der

judische Polizist, der mit ihm Wache steht, das Opfer sein.

Gestern beobachtete ich, wie ein deutscher Gendarm einen judischen

Polizisten auf der Chlodna-Strasse, in der nдhe des Durchgangs vom grossen

zum kleinen Ghetto, “exertieren” lies. Der junge Mann war zum Schluss

vцllig auser Atem, aber der nazi zwang ihn weiter auf und nieder, bis er

in einer Blutlache zusammenbrach. Jemand rief nach einen Krankenwagen, und

der judische Polizist wurde auf eine Bahre gelegt und mit einem Handwagen

fortgebracht. Im ganzen Ghetto gibt es nur drei Krankenwagen, deswegen

werden meistens Handwagen benutzt...”.

Um sich zu versichern, dass getroffene Massnahmen effektiv sind,

beschrдnkten Nazisverbrecher die Lieferungen von Lebensmitteln nach

Ghetto.

“28. Februar 1941.

Die Brotknappheit wird immer schlimmer. Auf die Lebensmittelkarten

gibt es sehr wenig, und auf dem Schwarzen Markt kostet ein Pfund Brot

jetzt zehn Zloty. Das Brot ist schwarz und schmekt nach Sдgespдnen.

Weisses Brot kostet sogar 15 bis 17 Zloty. Auf der “arischen” Seite sind

die Preise viel niedriger”.

Und gleichzeitig wurde Ghetto mit neuen Opfern, die aus Fluchtlingen

bestanden, immer mehr bepackt. Es herrschte totale Antisanitдrie. Im

Winter 1941 zugefrorene Abwдsserrцren wurden nie renoviert. Der Mangel an

Arzneien fьhrte zur Gefahr der Cholera-Epidemie.

Das war aber nicht der Schluss, der den Becher des Unglьcks zum

Ьberlaufen bringen kцnnte. Der Mensch kann viel erdulden, wenn er in

psychologischer Ruhe ist. Das verstanden die Nazi und als das letzte

Mittel wurde von ihnen Desinformation erschцpferischen Charakters in Gang

gesetzt:

“17. April 1942.

Das ganze Ghetto war heute in Panikstimmung. Die Leute verschlossen

eilig ihre Lдden. Es lief ein Gerьcht um, dass ein besonderes

“Vernichtungskommando”, das schon den Pogrom in Lublin verьbt hat, in

Warschau angekommen sei, um auch hier ein Massaker zu organisieren”.

Wir haben die Zeilen nur von einem Menschen angefьrt.

Also nur von einem Opfer.

Insgesamt betrug die Zahl von Opfern 4800000 Menschen, unter denen

1600000 ums Leben gekommen sind.

IV. Exekutionen im Osten.

“Ich will hier vor Ihnen in aller Offenheit auch ein ganz schweres

Kapitel erwдhnen. Unter uns soll es einmal ganz offen ausgesprochen sein,

und trotzdem werden wir in der Цffentlichkeit nie darьber reden...

Ich meine jetzt die Judenevakuierung, die Ausrottung des jьdischen

Volkes. Es gehцrt zu den Dingen, die man leicht ausspricht.- “Das jьdische

Volk wird ausgerottet”, sagt ein jeder Parteigenosse, “ganz klar, steht in

unserem Program, Ausschaltung der Juden, Ausrottung, machen wir”... Von

allen, die so reden, hat keiner zugesehen, keiner hat es durchgestanden.

Von euch werden die meisten wissen, was es heisst, wenn 100 Leichen

beisammenliegen, wenn 50 daliegen oder wenn 1000 daliegen. Dies

durchgestanden zu haben und dabei - abgesehen von Ausnahmen menschlicher

Schwдchen - anstдndig geblieben zu sein, das hat uns hart gemacht. Dies

ist ein niemals geschriebenes und niemals zu schreibendes Ruhmesblatt

unserer Geschichte”.

Heinrich Himmler in einer Rede vor

SS-Fьhrern in Posen am 4. Oktober 1943.

Exekutionen im Osten hatten ein vielfaltigen Charakter.

Dass Hitler in seinem Programm die Absichten дusserte, die

Untermenschen zu vernichten, zu denen ausser Juden auch Slaven gehцrten,

ist weltbekannt.

Die Handlungen von Nazis verbreiteten sich auf Russen, Polen,

Ukrainern, Tschechen und Slovaken. Bis jetzt sind die Stellen der

Massenmorde nicht zu vergessen.

Ein besonderer Punkt ist der Krieg mit Partisanen. Dass die Menschen

auf dem besetzten Gelдnde Widerstand leisten, war ausserhalb des deutschen

Verstдndnisses. Darьber hinaus wurden die Menschen, die an der Teilnahme

an der Partisanenbewegung verdдchtigt gewesen waren, sehr hart behandelt.

Zahlreiche Foltern, mittelдlterische Erfindlichkeit beim Umbringen,

Verfolgerungen der Verwandten bleiben bis jetzt im Gedдchtnis der

Цffentlichkeit.

Natьrlich wurden Juden von Nazis nicht ausser Acht gelassen.

Aus dem Tagebuch des SS-Hauptscharfьhrers Felix Landau.

“11.07.1941. Um 11 Uhr Abends kamen wir zurьck zur Dienststelle.

Hochbetrieb. Unten im Keller, den ich noch vormittags ausgerдumt habe,

stehen fьnfzig Hдftlinge, darunter zwei Frauen. Ich lцste sofort

freiwillig einen Kameraden - der bei diesen Wache hatte - ab. Fast alle

werden morgen erschossen. Die meisten Juden unter ihnen waren aus Wien.

Sie trдumten noch immer von Wien. Ich mache bis drei Uhr frьh des anderen

Tages Dienst. Hundemьde komme ich dann endlich um halb vier Uhr ins Bett.

12.7.41. Um sechs Uhr frьh werde ich plцtzlich aus meinem festen

Schlaf geweckt. Zur Execution antreten. Nun gut, spiele ich halt noch

Henker und anschliessend Totengrдber, warum nicht. Ist doch eigentьmlich,

da liebt man den Kampf und dann muss man wehrlose Menschen ьber den Haufen

schiessen. Dreiundzwanzig sollten erschossen werden. Darunter befinden

sich die schon erwдhnten Frauen. Sie sind zu bestaunen. Sie weigerten

sich, von uns auch nur ein Glas Wasser anzunehmen. Ich werde als Schьtze

eingeteilt und habe eventьll Flьchtende zu erschiessen. Wir fahren die

Landstrasse einige Kilometer entlang und gehen dann rechtseitig in einen

Wald. Wir sind nur sechs Mann augenblicklich und suchen nach einem

geeigneten Ort zum Erschiessen und Vergraben. Nach wenigen Minuten haben

wir so etwas gefunden. Die Todeskandidaten treten mit Schaufeln an, um ihr

eigenes Grab zu schaufeln. Zwei weinen von allen. Die anderen haben

bestimmt erstaunlichen Mut. Was wohl jetzt in diesem Augenblick in den

Gehirnen vorgehen mag? Ich glaub, jeder hat eine kleine Hoffnung,

irgendwie doch nicht erschossen zu werden. Die Todeskandidaten werden in

drei Schichten eingeteilt, da nicht so viele Schaufeln hier sind.

Eigentьmlich, in mir rьhrt sich nichts. Kein Mitleid, nichts. Es ist eben

so, und damit ist alles fьr mich erledigt...”.

Merkwьrdig ist, dass der Mensch, der Tagebьcher fьhrt und hat

vielleicht das Bedьrfnis, seine Taten einzuschдtzen, vцllige

Gleichgьltigkeit zeigt. Wir behandelten aber einen zu privaten Fall. Eine

mehr generalisierte Information stellt uns der gebietskomissar Gert Erren

in seinem Bericht “Freudigster Arbeitseinsatz” zur Verfьgung.

Punktualitдt, Sachkьndigkeit und schon erwдhnte vцllige Gleichgьltigkeit

verbinden sich in jeder Zeile. Wir fьhren nur diejenigen an, die unser

unmittelbares Thema betreffen:

Judentum:

“Bei meiner Ankunft zдhlte das Gebiet Slonim etwa 25000 Juden, davon

allein in der Stadt Slonim etwa 16000, also ьber zwei Drittel der gesamten

Stadtbevцlkerung. Ein Ghetto einzurichten war unmцglich, da weder

Stacheldraht noch Bewachungsmцglichkeiten vorhanden waren. Daher traf ich

von vornherein Vorbereitungen fьr eine kьnftige grцssere Aktion. Zunдchts

wurde die Enteignung durchgefьhrt und mit dem anfallenden Mobiliar und

Gerдt sдmtliche deutsche Dienststellen, einschliesslich

Wehrmachtquartiere, ausgestattet und so weit grosszьgige Hilfeleistung bei

anderen Gebieten gestellt, dass jetzt beim Anwachsen aller Dienststellen

bei mir selbst Mangel herrscht. Fьr Deutsche unbrauchbares Zeug wurde der

Stadt zum Verkauf an die Bevцlkerung freigegeben und der Erlцs der

Amtskasse zugefьrt. Dann folgte eine genaue Erfassung der Juden nach Zahl,

Alter und Beruf, eine Herausziehung aller Handwerker und Facharbeiter,

ihre Kenntlichmachung durch Ausweise und gesonderte Unterbringung. Die vom

SD am 13.11. durchgefьrte Aktion befreite mich von unnцtigen Fressern; und

die jetzt vorhandenen etwa 7000 Juden in der Stadt Slonim sind sдmtlich in

den Arbeitsprozess eingespannt, arbeiten willig aufgrund stдndiger

Todesangst und werden im Frьhjahr genauestens fьr eine weitere

Verminderung ьberprьft und aussortiert. Das flache Land wurde eine

Zeitlang grosszьgig von der Wehrmacht gesдubert; leider nur in Orten unter

eintausend Einwohnern. In den Rayonstдdten wird nach der Durchfьhrung der

hilfsarbeiten fьr die West-Ost-Bewegung das Judentum bis auf die

notwendigsten Handwerker und Facharbeiter ausgemerzt werden. Da die

Wehrmacht nicht mehr bereit ist, Aktionen auf dem flachen Lande

durchzufьhren, werde ich die gesamten Juden des Gebietes in zwei oder drei

Rayonstдdten zusammenfassen, nur in geschlossen Arbeitskolonnen einsetzen,

um damit endgьltig Schleichhandel und Partisanenunterstьtzung durch Juden

auszurotten. Die besten Fachkrдfte unter den Juden mьssen unter Aufsicht

in meinen Handwerkerschulen ihre Kunst intelligenten Lehrlingen

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